1995 veröffentlichten Mediziner der Universität Bonn die weltweit erste klinische Studie zur repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) als Therapie (Kronnieger et al., 1995). Trotzdem ist rTMS in Deutschland noch relativ unbekannt. Die Gründe dafür sind vielfältig und komplex. Es wäre zu einfach, dies allein auf die Neuheit des Verfahrens und die Tatsache zurückzuführen, dass medizinische Innovationen Zeit benötigen, um sich in der Öffentlichkeit und in der Fachwelt zu etablieren.
Ein zentraler Faktor ist vielmehr die mangelnde Translation von Forschungsergebnissen in die Praxis. Die Ergebnisse vieler klinischer Studien zur rTMS finden wenig Anwendung in der Praxis und werden nur unzureichend an andere Akteure im Gesundheitswesen weitergegeben. In den Ausbildungscurricula von Ärzten und Fachärzten spielt rTMS als Therapieoption eine Nebenrolle. Einige Ärzte kommen im Rahmen ihrer Doktorarbeit mit der Neurostimulation in Berührung, was sich nicht immer in der praktischen Arbeit niederschlägt. Es bleibt den interessierten Ärzten selbst überlassen, sich in einem techniklastigen und fachfremden Bereich weiterzubilden. Was auch nicht einfach ist, weil die Angebote selten uns sehr allgemein sind.
In der Folge wird die Aufnahme der rTMS in medizinische Leitlinien erschwert, Krankenkassen bleiben skeptisch, und die meisten Fachärzte können Fragen zum Verfahren nur allgemein beantworten. Die wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit der TMS-Therapien bei vielen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen, die in vielen Fällen die Wirksamkeit anderer Therapien übertrifft, schafft es in Deutschland nicht, eine Kann-Empfehlung in den medizinischen Leitlinien zu erreichen. Dies hat zur Folge, dass die Kosten für eine TMS-Behandlung in Deutschland nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, mit Ausnahme der Behandlung von Depressionen und Schizophrenie, die im Rahmen einer stationären Behandlung meist in Forschungskliniken erfolgt, obwohl sie ebenso effektiv und kostengünstiger ambulant durchgeführt werden kann.
Patienten haben auch die Möglichkeit, im Rahmen klinischer Studien eine TMS-Behandlung zu erhalten. Ausgeschlossen werden jedoch Personen, die nicht den Studienkriterien entsprechen, insbesondere wenn Begleiterkrankungen vorliegen. Die ausgewählten Patienten werden dann nach dem Zufallsprinzip einer der Studiengruppen zugeteilt. In der Regel erhält nur eine Gruppe die wirksame Therapie. Bei vielen klinischen Studien geht es darum, einen möglichen Effekt zu erkennen und diesen statistisch zu erfassen, nicht aber darum, Patienten vollständig zu behandeln.
Schließlich werden die Kosten für diese Technologie eher steigen als sinken. Universitätskliniken und Forschungsinstitute sind die wichtigsten Kunden der Hersteller von TMS-Geräten. Diese Hersteller integrieren ständig neue Anforderungen aus der Forschung, auch wenn diese technischen Neuerungen für die klinische Arbeit nicht immer notwendig sind. Dadurch sind die TMS-Therapien über die Jahre nicht kostengünstiger und damit auch nicht erschwinglicher geworden.
Im Falle der transkraniellen Pulsstimulation mit fokussierten Stoßwellen (TPS) haben die Gerätehersteller erkannt, dass der Bekanntheitsgrad des Verfahrens durch eine direkte Ansprache potenzieller Patienten über die Medien gesteigert werden kann, sodass TPS zur Behandlung von Alzheimer- und Parkinson-Patienten trotz weniger klinischer Studien stark an Bedeutung gewonnen hat, obwohl TMS aufgrund der Evidenzlage die Therapie der ersten Wahl zur Hirnstimulation bei diesen Erkrankungen sein sollte.